Koordination und Gleichgewicht trainieren im Kampfsport


Koordination und Gleichgewicht trainieren im Kampfsport
Koordination und Gleichgewicht trainieren im Kampfsport

Jeder gute Kampfsportler kann sich gut bewegen. Ihn zeichnet eine gute Koordinationsfähigkeit, Ökonomie der Bewegungen und ein dementsprechend ausgebildeter Gleichgewichtssinn aus. Diese Fähigkeiten kannst du gezielt trainieren.

Koordination und Gleichgewicht kannst du als Kampfsportler folgendermaßen trainieren. Über Kraft- und Techniktraining schulst du die inter-, die intramuskuläre- und Hand-Augen Koordination. Gleichgewichtstraining sorgt für Stabilität und hilft, Kräfte besser aufnehmen und übertragen zu können.

Warum dieses Training großes Verbesserungspotential in sich birgt und wie du es trainieren kannst, sehen wir uns in diesem Beitrag an.

Warum Gleichgewichts und Koordinationstraining für Kampfsportler

Gerade als Kampfsportler musst du in der Lage sein, instinktiv und blitzschnell auf sich in Sekundenbruchteilen ändernde Bedingungen zu reagieren. Reflexe und Reaktionsfähigkeit lassen sich im Rahmen der genetischen Grenzen gut trainieren und schärfen.

Aus meiner eigenen Erfahrung habe ich nicht schlecht gestaunt, wie sich simple Übungen wie der Einbeinstand und einbeiniges Kreuzheben, ohne Gewichte (drinking bird) sich auf meinen Gleichgewichtssinn ausgewirkt haben. Wer diese und ähnliche Übungen in sein Training integriert, wird sehr schnell merken, wie positiv sie sich auf die Leistung auswirken. Diese Übungen waren und sind Teil eines Trainingsplanes von den Kavadlo Brüdern aus dem Buch Get Strong.

Anfänglich waren es für mich läppische Übungen, die man mal eben so macht, um dann wirklich zu den schweren Übungen zu kommen. Der Wert dieser Übungen wurde mir aber übers Tun sehr schnell bewusst.

Ein gut entwickelter Gleichgewichtssinn, hilft dir auch dann, wenn du im Alltag nicht vom Umfallen bedroht bist. Er hilft dir in kritischen Situationen im Wettkampf oder Sparring dabei dein Gleichgewicht länger zu halten und schneller wiederzufinden. Du kannst Kräfte besser übertragen und aufnehmen. Das wirkt sich positiv auf deine Schlagkraft aus, lässt dich deine Gegner leichter werfen, macht dich weniger anfällig für Take Downs und vieles mehr.

Gleichgewichtssinn und Koordinationsfähigkeit hängen zusammen

Das Gleichgewicht halten und schnell wiedererlangen zu können, hängt maßgeblich mit der Koordinationsfähigkeit zusammen. Damit, wie schnell dein Nervensystem unterschiedliche Reize verarbeiten und entsprechende Befehle an die beteiligten Muskeln auszusenden in der Lage ist, um entsprechende Korrekturen vornehmen zu können. Du benötigst in diesem Zusammenhang vor allem eine gut entwickelte intermuskuläre Koordination, aber auch die intramuskuläre Koordination.

  • Als intermuskuläre Koordination bezeichnen wir die Fähigkeit, unterschiedliche Muskelgruppen bei der Bewegungsausführung miteinander zu koordinieren. Wenn du stärker wirst, hängt das nicht nur mit dem Training der Muskulatur zusammen, sondern auch der Fähigkeit dich effizienter bewegen zu können. Diese Fähigkeit spielt neben der intramuskulären Koordination also einen wichtigen Faktor dar, wenn es um die Entwicklung von Schlagkraft geht.
  • Die intramuskuläre Koordination bezeichnet die Fähigkeit, das Kraft-Potential im Muskel optimal ausschöpfen zu können. Es geht darum, eine möglichst große Zahl an Muskelfaserbündeln gleichzeitig rekrutieren zu können, wenn es erforderlich wird. Diese Fähigkeit wird durch Training mit großen Widerständen und langen Pausenzeiten entwickelt. Das Zentralnervensystem ist maßgeblich beteiligt, es lernt, das Potenzial des Muskels voll auszuschöpfen. Eine 100 % Ausschöpfung kannst du allerdings nie erreichen. Die sogenannten autonomen Reserven sind nur in Notsituationen zugänglich und vom willentlichen Zugriff geschützt.

Weiterführende Informationen zum Thema Krafttraining:

  • Krafttraining für Kampfsportler
  • So erstellst du einen Trainingsplan.

Sensomotorisches Training und Propriorezeption

Sensomotorisches Training bezeichnet die Fähigkeit, Informationen über die Sinnesorgane aufzunehmen, ans zentrale Nervensystem weiterzuleiten und motorisch entsprechend den Anforderungen – mit Ausgleichsbewegungen zu reagieren.

Bei der Propriozeption werden die Informationen nicht über die Augen, Ohren und großen Gleichgewichtsorgane, sondern über die sogenannten Propriorezeptoren. Diese kleinen Rezeptoren befinden sich in Muskeln und Gelenken und geben dem Nervensystem Auskunft über die einwirkenden Kräfte und Position im Raum. Die Propriorezeption ist also Teil der Sensomotorik.

Sensomotorisches Training ist im wesentlichen Gleichgewichtstraining.  Instabile Trainingsumgebungen, wie sie zum Beispiel eine Slack Line, ein Balanceboard, Ringe oder ein Sling Trainer bieten, dienen der Entwicklung dieser Fähigkeiten. Natürlich geht es auch ohne Geräte. Unterschiedliche Gleichgewichtsübungen auf einem Bein gehören hier zu den Standausübungen.

Koordinationstraining für Kampfsportler – Übungen

Neben den oben angeführten Methoden, um die inter- und intramuskuläre Koordination zu verbessern und dem allgemeinen Gleichgewichtstraining im sensomotorischen Bereich, gibt es natürlich auch speziell für Kampfsportler zugeschnittene Übungen und Trainingsmethoden.

Hand Auge Koordination verbessern

Übung 1: Du benötigst eine Wand und einen Tennisball. Den Tennisball wirfst du auf die Wand und fängst ihn auf. Trainiere abwechselnd mit beiden Hände zu fangen. Den Schwierigkeitsgrad dieser Übung kannst du über die Entfernung zur Wand und die Kraft, mit der du den Ball wirfst, regulieren. Noch schwieriger wird es, wenn du zwei Bälle gleichzeitig benutzt. Eine weitere Möglichkeit ist eine Balance Board oder einen anderen vergleichbar instabilen Untergrund zu nutzen und Bälle zu fangen. Hier ist der Fantasie keine Grenze gesetzt. Du kannst diese Übungen mit und ohne Partner ausführen.

Übung 2: Die Übung hat Kostya Tzsu ein Weltklasseboxer in seinem Training genutzt. Dein Partner steht eine Armlänge Abstand vor dir und lässt in Kopfhöhe aus der geschlossenen Hand eine Münze fallen. Deine Aufgabe ist es, diese Münze wieder aufzufangen. Dann beginnt das Spiel wieder von vorne. Statt eine Münze zu verwenden, kannst du auch Spielkarten benutzen. Die fallen langsamer, aber unberechenbarer.

Übung 3: Du benötigst ein Stirnband, an dem du einen Tennisball mit einem Gummiband in ungefähr Armlänge montierst. Die Aufgabe besteht, den Tennisball zu schlagen und über die Schläge in der Luft zu halten. Es gibt, falls du keine Lust zu basteln hast, solche Geräte auch fertig zu kaufen.

Übung 4: Der Doppelendball ist ein hervorragendes Gerät um deine Hand Augen Koordination zu verbessern. Zusätzlich kannst du an ihm deine Reaktionsfähigkeit und Meidbewegungen trainieren und auch mit Beinarbeit verbinden.

Koordinationsleiter

Die Koordinationsleiter wird in vielen Sportarten genutzt. Es ist eine Art Strickleiter, die flach auf dem Boden aufliegt. Hier kannst du dutzende Variationen an Schritten und Schrittkombinationen üben. Du kannst sie zusätzlich zum Training der Schnellkraft oder zum Aufwärmen nutzen.

Kognitive Übungen

Diese Übungen fördern besonders die Vernetzung beider Gehirnhälften. (Das tun die anderen Übungen auch.) Sie machen Spaß, lockern das Training auf und sind nicht so einfach, wie sie aussehen. Unbedingt ausprobieren!

Lomachenko nutzt in seinem Training sehr intensiv Trainingsmethoden, die seine kognitiven Leistungen verbessern.

Schnelle Informationsverarbeitung ist ganz offenbar ein großer Vorteil, auch wenn viele Übungen hier scheinbar kaum mit Kampfsport und Boxen in Zusammenhang zu stehen scheinen.

Fazit – Koordination und Gleichgewicht im Kampfsport trainieren

Die Gleichgewichts- und Koordinationsfähigkeiten sind wesentlich für jeden Kampfsportler, der gute Leistungen bringen will. Viele Fähigkeiten werden naturgemäß im eigentlichen Training schon gefördert. Es macht aber trotzdem absolut Sinn, ganz bewusst diese Fähigkeiten zu trainieren.

Abgesehen davon sorgen sie für Abwechslung und Spaß im Training und die Tatsache, dass Spitzensportler sie in ihrem Training nutzen spricht auch dafür, die Übungen unbedingt einmal auszuprobieren.

Viel Spaß beim Training!

Martin

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