Der Schnitttest – Tameshigiri die ultimative Schwertprobe!


Schnitttest - Tameshigiri
Schnitttest – Tameshigiri

Schon die alten Samurai übten sich in ihm, dem ultimative Test, um festzustellen, wie gut die eigene Klingenführung und Schnitttechnik war.  Den sogenannten Schnitttest oder im Japanischen, Tameshigiri genannt.

Der Tameshigiri oder Schnitttest ist eine Methode, die korrekte Handhabung des Schwertes zu erlernen und zu überprüfen. Wurden zu Zeiten der Samurai noch Menschen zu diesem Zweck eingesetzt, so beschränkt man sich heute auf Matten. Das Schnittbild gibt Auskunft über die Qualität der Ausführung.

Weshalb werden Schnitttests ausgeführt?

Im Japan des 17. Jahrhunderts, der Edo Periode, entwickelten sich die Schnitttests, um die Qualität der Schwerter zu testen.

Heute dienen die Schnitttests hauptsächlich dem Erlernen der korrekten Hiebausführung, aber auch der Beurteilung der Qualität und Schärfe von Schwertern.

Während früher durchaus Menschen, vornehmlich Verbrecher, Kriegsgefangene oder respektlose Bauern, von den Samurai zu Testzwecken missbraucht wurden, beschränken sich die Tests heute auf totes Material. In den traditionellen Schwertkünsten werden dabei hauptsächlich Schilfmatten verwendet.

Diese Matten spiegeln annähernd, die Konsistenz menschlicher Gliedmaßen wider.

Wer es also schafft, Matten entsprechender Dicke und Stärke mit einem Hieb zu durchtrennen, verfügt tatsächlich über die Fähigkeit, mit einem Hieb, Arme oder Beine abzutrennen.

Leseempfehlung: Die Kampfkunst der Samurai

Welche Materialien werden bei Schnitttests verwendet?

In den traditionellen Schwertkampfkünsten beschränkt man sich auf einige wenige Materialien im Training und bei Demonstrationen.

Schilfmatten

Verwendet werden hauptsächlich Schilfmatten (Katami). Die Matten werden zu Bündeln unterschiedlicher Stärke zusammengerollt und dann gebunden.

Trockene Matten sind schwerer zu schneiden als nasse.

Oft werden die Matten, nachdem sie zu einem festen Bündel gebunden wurden, nass gemacht und unter Druck von außen gehalten. Das kann durch Beschweren mit Gewichten geschehen. Das Ergebnis, nach einem Tag der Einwässerung, sind sehr dichte kompakte Matten. Die nassen Matten quellen auf und ergeben so ein hervorragendes Schnittgut.

Japanische Matten sind im Einkauf wesentlich teurer, als die für Schnitttests durchaus gut geeigneten Badematten, die wir alle kennen. Badematten kannst du im Großhandel schon um einen Euro herum erstehen. Für japanische, extra für Schnitttests hergestellte Matten musst du sechs- bis siebenmal so viel investieren. Sie eignen sich aber für Fortgeschrittene besser, vor allem dann, wenn mehrere Schnitte in Folge ausgeführt werden.

Bambusrohre/Schilfrohre

Es kommen aber auch, Bambusrohre und Schilfrohre, bei Schnitttests zum Einsatz. Diese Rohre werden in unterschiedlicher Stärke und Kombinationen verwendet. Je dicker und massiver die Bündel, umso größer ist die aufzubringende Schnittkraft und Qualität der Technik bei der Hiebführung.

Kombinierte Materialien

Es werden auch Kombinationen von Matten, Rohren und sogar relativ dünnen Holzstäben verwendet.

Die Stäbe können mittig ins Mattenbündel eingebracht werden. Die Matten sind aber steif und stabil genug, dass sie ohne Rohr in der Mitte stabil stehen und geschnitten werden können.

Free Style Cutting

Beim sogenannten Free Style Cutting sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Es werden alle möglichen Arten von Schnittgut verwendet. Mehr als nur begeisterte Free Cutter sind Lyn Thompson und seine Mitarbeiter der Firma Cold Steel. Die Firma hat sich auf die Herstellung von Messer, Macheten, Schwertern und Stumpfwaffen spezialisiert.

Auf der Videoplattform YouTube findest du dutzende von einschlägigen Videos. Dabei kommen von den traditionellen Materialien angefangen, bis hin zu frei hängenden Seilen, Papier, Flaschen, Karton und Tierkadavern alle möglichen Arten von Schnittmaterialien zum Einsatz.

Warnung!

Wenn du einen empfindlichen Magen hast, solltest du dir dieses Video nicht ansehen. Es und darum habe ich es an dieser Stelle verlinkt, veranschaulicht gut, was ein scharfes Schwert anrichten kann.

Wie lässt sich die Schnittqualität und Technik beurteilen?

Der entscheidende Vorteil bei der Verwendung von Schilfmatten als Schnittmaterial ist, dass am Schnittbild sehr gut die Qualität des Schnitts nachvollzogen werden kann.

Das ideale Schnittbild ist gerade. Es zeigt keine Ausfranzungen und Risse an den Rändern, sondern eine saubere Trennung des Materials. Ist im Schnittbild ein Wellenschnitt zu erkennen, war der Hieb technisch nicht korrekt. Für die Schnitttests werden eigens konstruierte Ständer verwendet. Sie sind käuflich erwerblich, können aber mit etwas Geschick auch selbst gebaut werden.

Die richtige technische Ausführung des Schnitts

Kommen Schilfmatten zum Einsatz, lässt sich anhand des Schnittbilds sehr genau sagen, wie exakt die Technik war. Gelingt es nicht, das Material ganz zu trennen, ist für jeden offensichtlich, dass der Hieb gescheitert ist. Allerdings sollten wir dabei nicht vergessen, dass der Schnitt im Ernstfall eine immer noch verheerende Wirkung gehabt hätte. Der getroffene Gegner, wäre mit großer Sicherheit kampfunfähig gewesen, sofern es sich nicht um einen sehr oberflächlichen Schnitt gehandelt hätte.

Wie bei waffenlosen Techniken auch, spielt der Wechsel zwischen Spannung und Entspannung, eine wesentliche Rolle bei der Bewegungsausführung.

Der Stand muss stabil, die Hüfte richtig ausgerichtet und die Schultern tief und entspannt sein.

Der Hieb wird durch das Schnittgut gezogen. Die Klinge wird im Unterschied zur Axt oder dem Hammer nicht gerade auf das Ziel bewegt. Sie beschreibt einen Bogen und schneidet, wie uns das Wort Schnitttest schon verrät. Jeder Hobbykoch weiß, dass sein Messer dann schneidet, wenn er es nicht auf die weiche Tomate quetscht, sondern unter leichtem Druck nach hinten zieht.

Bei großen „Messern“ verhält es sich ebenso.

Welche Schnittarten gibt es?

Wir können grob in nach unten gerichtete Schnitte, nach oben gerichtete Schnitte und horizontale Schnitte unterscheiden. Weiters werden selbstverständlich auch Schnittkombinationen geübt. Diese sind aber eher ein Thema für fortgeschrittene Schwertschüler und Meister.

  • Der von oben nach unten geführte Schnitt ist der technisch leichteste. Die Klinge trifft schräg auf die Fasern der Matte, während die Matte durch die Halterung nach unten gut stabilisiert wird.
  • Beim von unten nach oben gerichtetem Schnitt, kommt es oft vor, dass die Matte nach oben geschleudert wird. Durch die Halterung ist sich nämlich in diesem Winkelbereich schlecht fixiert. Das macht den Hieb wesentlich schwieriger.
  • Beim horizontalen Schnitt trifft die Klinge im rechten Winkel auf die Fasern, während die Matte durch die Halterung fast nicht stabilisiert wird. Dieser Schnitt erfordert die höchste Präzision.

Katana – das japanische Schwert

Das japanische Langschwert (Katana) wird traditionell zweihändig geführt und verfügt über eine gekrümmte, einseitig geschliffene Klinge.

Mit gekrümmten Klingen lassen sich Schnitte besser ausführen als mit geraden Klingen. Die Klinge lässt sich besser durch das Schnittgut ziehen, hat allerdings Nachteile beim Stechen. Die Eigenschaften hängen natürlich von der Krümmung der Klinge ab und verstärken sich mit zunehmender Klingenkrümmung.

Weitere Kriterien für das Handling eines Schwerts sind die Position des Schwerpunktes und des Drehpunktes.

Nicht jedes Schwert ist für Schnitttests tauglich. Der Preis lässt dabei nur indirekt auf die Qualität des Schwerts schließen. So gibt es durchaus chinesische Produkte, die sehr gut für Schnitttests geeignet sind und für unter 200 Euro zu erstehen sind. Vergleichbare japanische Katanas kosten nicht selten das Zehnfache.

So sind Schwerter aus Zink-Alu Legierung nicht Schnitttest tauglich, sondern reine Dekorationsobjekte.

Qualitativ hochwertige Schwerter werden grundsätzlich aus nicht rostfreiem Stahl hergestellt.

Ein sowohl bei Schwertern als auch Messern beliebter Werkstoff ist Kohlenstoffstahl. Viele Modelle werden aus 1095 high carbon steel hergestellt. Der Stahl ist zäh, neigt nicht zum Brechen und lässt sich einfach nachschärfen und auf einen hohen Schärfegrad bringen. Vorausgesetzt, die Wärmebehandlung wurde richtig durchgeführt.

Die optimale Schärfe des Schwerts beim Schnitttest

Die Schwerter werden rasiermesserscharf geschliffen. Rasiermesserschärfe ist jene Schärfe, die für Schnitttests am vorteilhaftesten ist. Dieser Schärfegrad wäre aber für ein historisches Schlachtfeld nicht optimal. Der dünne Anschliff würde die Klinge zu empfindlich machen und ist auch nicht notwendig. Selbst Schwerter mit Axtschärfe bewirken ausreichend Schaden am getroffenen Gegner.

Auf europäischen Schlachtfeldern, zählte es zur Konvention, die Klingen nur auf Axtschärfe zu schleifen. Dies ist ausreichend und erhöht die Lebensdauer der Waffe. Ein extrem dünne ausgeschliffene Kante, bricht schneller aus und ist deutlich weniger robust.

Schwertpflege – die richtige Gebrauchsschärfe

Die Schwerter benötigen, neben dem Nachschleifen, auch entsprechende Pflege.

Wichtig ist es, die Klinge nach dem erfolgten Schnittest zu reinigen.

Vor allem dann, wenn du feuchte Matten verwenden solltest. Sonst hast du gleich zwei Probleme. Zum einen wird die nasse Klinge mit der Zeit rosten, zum zweiten bringst du die Feuchtigkeit noch in deine Schwertscheide. So ist dann dauerhaft für ausreichende Feuchtigkeit, und maximalen Schaden an der Klinge gesorgt.

Die Klinge solltest du nach Gebrauch also gründlich von Schmutz und Feuchtigkeit reinigen. Dazu wird oft Benzin oder Spiritus benutzt. Danach, wenn die Klinge trocken ist, wird sie mit speziellem Waffenöl eingerieben. Das dient dem Korrosionsschutz. Dazu etwas Öl auf ein Tuch auftragen und die Klinge einlassen.

Hat sich trotz aller Bemühungen Flugrost auf der Klinge festgesetzt, haben sich spezielle Radiergummis aus japanischer Fertigung sehr bewährt.

In welchen Kampfkünsten werden Schnitttests durchgeführt?

In folgenden japanischen Kampfkünsten wird der Tameshigiri durchgeführt. Es handelt sich dabei um reine Schwertkampfmethoden oder Künste, die sich auf die Zeit der Samurai zurückführen lassen und Schwerttechniken in ihrem Curriculum aufgenommen haben.

  • Jaido
  • Toyama Ryu
  • Ninjitsu
  • Aikido

Es ist mit Sicherheit kein Fehler, für jeden, der seine Kampfkunst ernsthaft betreibt, sich zumindest einmal an einem Schnitttest versucht zu haben. Klarerweise sollte das aus Sicherheitsgründen, unter kontrollierten Bedingungen und Anweisungen eines Lehrers geschehen.

Mit scharfen Klingen zu hantieren, ist etwas Besonderes. Es ist auch sehr gefährlich, wie die Schnitttests ja zeigen. Mir ist ein Fall bekannt, in dem es aus Unachtsamkeit zu schweren Verletzungen kam. Das Training mit scharfen Waffen erfordert vollste Konzentration.

Wer also einfach einmal ausprobieren möchte, wie es sich anfühlt, mit einem Schwert zu hantieren, sollte unbedingt ein Holzschwert benutzen. Stumpfe Schwerter, wären die nächst beste Lösung. Scharfe Schwerter sind nur was für Profis.

Fazit Schnitttest – Tameshigiri 

Schnitttests oder Tameshigiri sind in den japanischen Schwertkampfmethoden fest verankert. Heute übt man, Gott sei Dank, nicht mehr am Menschen, wie es die Samurai früher taten und nutzt unblutige Methoden. Anhand des Schnittbildes, das besonders gut bei Schilfmatten zu erkennen ist, kann man Stärken und Schwächen des ausgeführten Hiebes erkennen.

Schnitttests erfordern, neben der guten technischen Ausführung, Konzentration, geeignetes Schnittgut, eins werden mit der Waffe und eine geeignetes rasiermesserscharfes Schwert.

Wer die Möglichkeit hat unter Anleitung, Schnitttests durchzuführen oder Fragen und Anregungen zu diesem Beitrag hat, ist herzlich eingeladen hier zu kommentieren.

Viel Spaß beim Training!

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